Ich stehe gerne mit Rad und Tat zur Verfügung und gebe euch den Rat: Fahrt Rad!
Wir müssen das Rad zum Glück nicht neu erfinden, denn das hat Karl Drais
schon vor 200 Jahren gemacht. Nach 7 Kilometern Jungfernfahrt kam er am
Schwetzinger Relaishaus an und hätte sicherlich gesungen „Ja, mir san
mim Radl da“, wenn das Lied damals schon jemand erfunden gehabt hätte.
Aber immerhin war nun das Fahrrad erfunden.
Fahr-Rad. Was für ein komischer Name für ein neues Verkehrsmittel. Wie
wenn die römischen Fuhrwerke 2.000 Jahren vorher nicht auch schon mit
Rad gefahren wären. Vielleicht sagen die Schweizer deshalb statt Fahrrad
lieber „Velo“. Was übrigens aus denselben Buchstaben besteht wie
„Love“, also Liebe. Fahrrad und Liebe hängen scheinbar irgendwie
miteinander zusammen (hat das Fahrrad deshalb einen Ständer? Gibt es
deshalb so etwas wie einen „Passhöhen-Orgasmus“?). Aber muss man sein
Fahrrad gleich lieben, um ein Fahrrad-Liebhaber zu sein? Und darf man es
dann überhaupt noch fahren? Schließlich heißt es ja: Wer sein Rad
liebt, der schiebt. Immer nur schieben macht natürlich genauso wenig
Sinn, wie ein großes Rad zu drehen. Ein Fahrrad muss man fahren, das
sagt doch schon der Name!
Dass das Fahrrad lange nicht in Mode war, erkennt man bereits an den
furchtbaren Synonymen: Stahlross, Drahtesel, Eierschaukel. Und was sind
laut www.duden.de häufige Adjektivverbindungen zu „Fahrrad“? Herrenlos,
kaputt, rostig, klapprig. Hm. Da wollen wir besser nicht das Rad der
Geschichte zurückdrehen in die autogerechten Nachkriegsjahrzehnte, als
das Fahrrad quasi das fünfte Rad am Wagen war. Hätte, hätte,
Fahrradkette… Wir blicken lieber in die Zukunft, die selbstverständlich
dem emissionsfreien, sozialverträglichen und gesundheitsfördernden
Fahrrad gehört. Kommt Zeit, kommt Rad. Die Zebra wird dann keine
Straßenzeitung mehr sein, sondern eine Radwegzeitung. Und wir werden uns
nur noch von gesunden Dingen ernähren, die mit „Rad“ beginnen:
Radicchio, Radieschen, Radi.
Wortklauberisch könnte man ja behaupten, dass sich alle anderen
Verkehrsmittel irgendwie vom Fahrrad ableiten. Die elektrische
Eisenbahn? Fährt nur dank Fahrdraht. Klingt doch irgendwie nach „fahrt
Rad!“. Das Auto? Ist ein Faradayischer Käfig. Also wie ein Fahr(r)ad,
nur sitzt man halt im Käfig. Und wer sitzt schon gerne im Käfig – also
rauf aufs Rad! Es ist schließlich besser, sich auf den Sattel zu
schwingen als unter die Räder zu kommen.
Ja ok, Fahrdraht und Faraday sind weit hergeholt. Vielleicht hab ich
einfach ein Rad ab. Aber lieber ein Rad abhaben als ein Rad geklaut
kriegen! Ist das Rad erstmal geklaut, dann ist man ziemlich radlos. Und
ein neuer Radweg ist mir allemal lieber als ein neues Rad weg.
Gottes Radwege sind natürlich unergründlich, aber ich bin mir sicher: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Fahrradweg!
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| Kommt Zeit, kommt Rad. |
Dieser Artikel wurde in der Straßenzeitung Zebra (Ausgabe September 2017) veröffentlicht.
Der Kauf der Zebra lohnt sich meiner Meinung nach sowohl für Käufer
(weil die Inhalte wirklich interessant sind) als auch für Verkäufer
(weil sie einen Euro vom Verkaufspreis behalten dürfen und einen Zugang
zu Arbeitswelt und sozialen Kontakten erhalten). Mehr Infos hier.
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